Jozef Banáš: Jede schlechte Tat holt den Übeltäter ein
Die Schriftstellerin, Journalistin und ehemalige tschechoslowakische Politikerin Gabriela Rothmayerová im Gespräch mit Jozef Banáš für die Zeitung Petržalské noviny.
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Jeder weiß, wer Jozef Banáš ist – klar, Adelas Vater. Wer ist er aber tatsächlich? Die gewagtesten Beschreibungen dieses Mannes sind anonym und meist nicht zitierbar.
In seinem neuesten Buch, der Essaysammlung Dementi zitiert Jozef Banáš trotzdem die Worte von JaroXYZ:
„…seinen Namen bemerkte ich bereits im Zusammenhang mit dem Aufruf die Kriegshetzerei zu beenden. In seinen Ansichten ist folgendes klar erkennbar: Idealismus, Oberflächlichkeit, unsystematisches Vorgehen, Mangel an Wissen von historischen, wirtschaftlichen, militärischen, gesamtgesellschaftlichen Tatsachen und Zusammenhängen, Unfähigkeit die Dinge in globalen Zusammenhängen zu sehen. Es ist kaum begreifbar, wie ihm bei solchen Schwachstellen auf geistigem sowie geistlichem Gebiet seinerzeit ermöglicht werden konnte einen relativ hohen Posten der NATO zu bekleiden. Heute (wieder ohne den breiteren Kontext der Zusammenhänge verstanden zu haben) äußert er sich gegen NATO, wobei er auf egoistische Weise vor dem nahenden totalen Krieg nur sich selbst, seine Familie und sein Vaterland zu retten sucht…“
Wie ist es nun wirklich – versuchst du tatsächlich lediglich dich selbst, die eigene Familie und das eigene Land zu retten?
Ich habe keinerlei Ambitionen jemanden zu retten. Das geht auch nicht, denn jeder kann nur sich selbst retten. Und ich meine es wie im materiellen, so auch im geistlichen Sinne. Wenn sich die Menschen von den Mächtigen wie Schafe manipulieren lassen, ist es deren Problem. Ich äußere mich zu Geschehnissen, weil ich meine Würde und Integrität bewahren möchte. Ich errichte mein eigenes Bhutan – ein Land des Glücks, und wenn ab und zu aus diesem Land etwas nach außen dringt, ist es jedermanns Sache, wie er damit zurande kommt. Und wenn mich jemand kritisiert – ich bin nicht dermaßen wichtig, um nicht jedem zu gewähren nach eigenem Willen über mich zu denken.
Was ist mit dir und der Welt passiert, dass du von jemandem, der den höchsten NATO Posten bekleidete, den ein slowakischer Repräsentant je erreichte – zum Kritiker dieser Organisation wurdest?
Es war der höchste gewählte Posten in einer internationalen Organisation. Mit mir ist nichts passiert, sondern mit NATO. Mir ist klar geworden, dass unser ehemaliger Präsident Václav Havel, dessen Büste vor einiger Zeit im amerikanischen Kongress enthüllt wurde, Recht hatte, als er nach der Auflösung des Warschauer Pakts die Auflösung von NATO forderte. Die Amerikaner sollten öfter seine Büste aufsuchen und über diese Worte nachdenken. Eine optimale Möglichkeit der Sicherung des Weltfriedens sehe ich in der Erschaffung von Militärkräften der Vereinten Nationen. Dies ist aber eine idealistische Vorstellung, denn somit würde der Feind praktisch verschwinden und für manche Machtkreise stellt ein Feind die Essenz derer Existenz dar.
Und steht uns ein totaler Krieg tatsächlich bevor?
Ich befasse mich recht viel mit geistlichen Themen, was in dieser materialistischen christlich-kommunistisch-kapitalistischen Welt, oder anders gesagt in der heutigen westlichen Zivilisation ein Paradox darstellt. In der Geschichte gingen viele bedeutende Reiche unter – von Persern, Römern, Moguln angefangen über Alexander bis zum Napoleon. Was heutzutage geschieht, ist das Ende einer anglo-sächsischen Ära, die mit der britischen Herrschaft über die Weltmeere begann und von den Amerikanern weitergeführt wurde. Die anglosächsische Macht ist im Niedergang vor allem aufgrund des Aufstiegs von Russland, China und Indien und auch aufgrund der eigenen internen korrosiven Prozesse. Dies ist nichts Ungewöhnliches in der Geschichte. Nichts, was mit militärischer Macht erhalten werden musste, hat je überdauert. Lediglich Reiche des Geistes währen weiter.
Was sollen wir tun, damit wir nicht nur uns selbst, unsere Familien und eigene Länder schützen?
Der einzige Weg die Welt in einen besseren Ort zu ändern, ist sich selbst zu bessern. Aufhören auf die Splitter im Auge unserer Brüder hinzuweisen und sich ehrlich bemühen die Balken aus den eigenen Augen zu entfernen. Das Problem liegt darin, dass, wenn ein Weiser mit dem Finger auf die Sterne zeigt, die Menschenmasse lediglich auf den Finger schaut.
Und würde es, falls erforderlich, eigentlich nicht reichen etwas zu tun, um gerade das zu retten?
Das Grunddogma der christlichen, also unserer Zivilisation ist das Erlösertum. Wir wurden gelehrt zu sitzen und abzuwarten, bis uns jemand anders erlöst. Wir haben es verlernt die Verantwortung für uns selbst in die eigenen Hände zu nehmen. So lass uns sitzen und abwarten, wundern wir uns dann aber nicht, wenn eines Tages ein neuer Erlöser vorbeikommt und uns erobert.
Du bist einer der Unterzeichner des internationalen Appels „Wieder Krieg in Europa? Nicht in unserem Namen!“. In Deutschland wurde dieser von bedeutenden Persönlichkeiten unterzeichnet, die Anzahl der Signatare erreichte bereits einige Zehntausend. In der Slowakei wurde dieser Aufruf kaum von jemand bemerkt…
Den deutschen Aufruf für den Frieden, welchen viele bedeutende deutsche Persönlichkeiten unterzeichneten, einschließlich Politiker (diese unterschrieben natürlich erst nach Beendigung ihrer politischen Karriere), blieb nicht nur in der Slowakei unbemerkt, sondern auch in Deutschland selbst. Warum? Weil die Menschen sitzen und auf den Erlöser warten, auf jemanden, der die Arbeit für sie macht.
Die Medien widmeten sich dem deutschen Appel nur am Rande (ähnlich wie dem slowakischen Aufruf „Vereint für den Frieden“, den drei ehemalige slowakische Präsidenten unterschrieben haben – und du auch). Woran liegt das?
Ja, deutsche und auch unsere Medien widmeten dem Appel nur wenig Aufmerksamkeit, da darin steht, dass ohne Russland der Frieden in Europa und in der Welt nur eine Illusion und Russland auszugrenzen oder sogar zu sanktionieren ein Unsinn sei. Heute zeigt sich dies ganz klar. Wenn es eine Macht gibt, die europäische Werte schützen kann und auch will, dann ist es Russland. Logischerweise darf dies der mediale Mainstream nicht schreiben.
Vor dem ersten Weltkrieg erschienen Zeitungsartikel, die den Krieg glorifizierten – in unser heutiges Gespräch schlich sich auch das Wort Krieg unbemerkt ein – fast ganz selbstverständlich. Ist es Absicht? Unwissenheit? Unerfahrenheit?
Krieg ist ein schreckliches Wort und Menschen schließen vor dem Bösen lieber die Augen. Mich schockiert wie viele sogenannte nützliche Idioten sich in der ganzeuropäischen, und somit auch in der slowakischen politischen und medialen Welt breit machen und zu einer Aktion gegen Russland auf europäischem Boden beinahe auffordern, was nicht die Vernichtung Russlands, sondern Europas bedeuten würde. Die Einstellung der meisten europäischen Leader gegenüber den Immigranten zeigt deutlich, dass diese von beiden Entitäten weit entfernt sind – wie von Europa, so auch von Führungsqualitäten.
Dein neuestes Buch Dementi[1] (Das Dementi) steht in meiner persönlichen Rangliste unter den Top-Titeln der besten satirisch-humoristischen Werke über uns, unsere Geschichte und unser Naturell. Du bringst uns zum Lachen, doch beim Lesen so mancher Kapitel läuft auch einem der Schauder über den Rücken…
Danke für die lobenden Worte. Das Buch Dementi wird seit seiner Veröffentlichung bereits das dritte Mal nachgedruckt. Viele fragen mich, warum ich einen so pejorativen Titel wählte. Ich möchte aber darauf hinweisen, dass das Buch nicht über stupide Menschen sein kann, denn der Gebrauch des Wortes dement im pejorativen Sinne im Slowakischen nicht schriftsprachlich ist. Somit ist eindeutig klar, dass das Buch nicht von Schwachsinnigen handelt! Ich wiederhole es noch mal, nein, das tut es nicht! Tja, und das Weinen über so manchen Tatsachen? Lachen trotz Tränen kann eine wirkungsvolle Therapie darstellen.
Du veröffentlichst interessante und provozierende Artikel, jedoch nicht im medialen Mainstream. Warum? Wir sind doch frei, jeder kann schreiben, was er will, oder?
Ich bin ein gut erzogener Mensch und wenn mich ein Medium anspricht, gewähre ich ein Interview, oder schreibe einen Kommentar. Vom Mainstream werde ich leider nicht angesprochen.
Kannst du unseren Lesern eine Anleitung, eine Empfehlung überreichen, wie sie ein glückliches Leben in einem glücklichen Land führen können? Wie sie die Wölfe im Schafspelz erkennen?
Im Jahr 1990 sagte der ehemalige deutsche Kanzler Willy Brandt zu mir: Der einzige Sinn des Lebens ist es besser zu sein als gestern. Unsere Leben werden vom Gesetz des Gleichgewichts, der Ursache und Folge bestimmt, im Osten nennt man es Karma. Christus hat es folgenderweise definiert: Was du gibst, bekommst du zurück, was du säst, das erntest du. Wer Böses sät, kann nicht erwarten, dass Gutes daraus wächst. Und vergebens werden die Mächtigen dieser Welt sich trösten, dass die Menschen ihre Übeltaten nicht entdeckten. Jede schlechte Tat holt den Täter früher oder später ein. So ist das Gesetz. Und dabei meine ich nicht das Gesetz, welches im Parlament verabschiedet wird. Die Bibel sagt klar: Du kommst erst dann wieder heraus, wenn du den letzten Cent bezahlt hast. Wer Augen hat und sehen kann, der sehe, wer Ohren hat und hören kann, der höre zu!
Danke und lass uns lachen, solange es nicht zu spät ist.
Erschienen in Petržalské noviny 21/2015
Foto: Archiv von J.B.