Rezensionen zu der Jubelzone

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Dieser Roman hat den Slowakischen Buchpreis 2008 gewonnen und ist in mehrere Sprachen übersetzt. Er erzählt die Geschichte einer Familie und einer großen Liebe, die sich durch schicksalhafte Fügung in die Länder Russland, Ukraine, Slowakei und Deutschland zerstreuen und erst ganz am Ende des Romans wieder zusammengeführt werden. Gleichzeitig ist es eine Darstellung der kommunistischen Gesellschaft sowjetischer Prägung. Es wird vom Leben der einfachen und der einflussreichen Menschen innerhalb dieser Gesellschaften erzählt und das von der Nachkriegszeit bis zum ersten Aufbegehren (17.Juni, Ungarnaufstand, Prager Frühling), der Zeit der Erstarrung in Dioktrien und Repression bis zum Zerfall der sowjetischen Gesellschaftsordnung. Der eigentliche Roman immer wieder durch kurze, meist œ Seite lange, kursiv gedruckte Erklärungen des politischen Hintergrundes unterbrochen.
Mich hat an dem Roman besonders begeistert, dass die wichtigen politischen Ereignisse, wie Vietnamkrieg, RAF-Terrorismus, Prager Frühling, Gorbatschow, Orange Revolution in verständlicher Weise in Zusammenhang gebracht werden. Das Buch ist eigentlich ein leicht verständlich geschriebenes Werk der jüngeren Geschichte Europas. Gleichzeitig kann man durch die Romanform und durch die Verknüpfung mit der Familiengeschichte sehr gut miterleben, welch unendliches Leid die vielen politischen Entscheidungen für den einzelnen Menschen bedeutet haben. Teilweise wird auch klar, warum viele Täter dieser Jahre gleichzeitig auch Opfer der Politik waren. Dieses Buch ist ganz ohne pathetische Worte ein leidenschaftlicher Apell an Mitmenschlichkeit und Frieden.


'Niemand ist aus Prinzip feige.'
Was heisst das? Das gibt einem gleich zu Anbeginn des Buches zu denken; Banáš fordert den Leser mit seiner ersten Zeile. Was meint er damit? Im Sinne Jan Pato'kas, des grossen tschechischen Philosophen, doch die Möglichkeit, meine Existenz zu wählen, ja eigentlich, es zu wagen, diese und keine andere Möglichkeit meines Lebensentwurfs bewusst und rational zu wählen. Diese dann aber auch im Verlauf eines Menschenlebens, zu begründen durch handeln.
Was bedeutet Wahl in einem politischen System, das keine zulässt? Was mache ich als Individuum ohne Freiheit in einem politischen System, das Rousseaus Aufruf zur Gleichheit und Freiheit marxistisch-leninistisch pervertiert?
Wenn man das Buch zu Ende gelesen hat, will man mehr von diesem Autor.
Warum?
Weil Banáš nicht feige ist: er hat Mut zur Ehrlichkeit. Er beschreibt absolut redlich, und geradeheraus die menschliche Existenz, das Leben im kommunistischen System der Tschechoslowakei. Aus Tschechien kennt man diese Ehrlichkeit und diese Wortgewandtheit hauptsächlich von Ivan Klíma .
Banáš und Klíma stehen auf einer Stufe: grosse Autoren, die die menschliche Existenz im Kommunismus hinterfragen und deshalb anschaulich machen.
Endlich nun haben wir eine Autobiographie, welche, nebst den sehr informativen, aber persönlich verhaltenenen, distanzierten Letters from prison von Milan Šime'ka das Leben eines Slowaken im Kommunismus beschreibt.
Banášs Buch sollte auf der Literaturliste jedes Lehrers stehen, der Schüler und Studenten zum Kommunimus unterrichtet, denn Banáš erzählt von Herzen und mit Rückgrat. Sein Mut und seine Aufrichtigkeit haben die Jubelzone gerade deshalb zum Buch des Jahres 2008 in der Slowakei gemacht.

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